DAS SOLIDARITÄTSZENTRUM – EIN HAUS FÜR ALLE
Am 9. September 2015 begann auf dem Gelände der Walli die Unterstützung von Geflüchteten, die über Lübeck nach Skandinavien weiterreisen wollten. In kurzer Zeit haben wir hier einen einmaligen Ort der Solidarität, der Begegnung und des freiwilligen Engagements geschaffen. Über 14.000 Menschen konnten wir inzwischen dabei helfen, Grenzen zu überwinden und ihre selbst gewählten Ziele zu erreichen.
Das unabhängige Kommunikationszentrum „die alternative“ (wegen seiner Lage auf der Wallhalbinsel meist „Walli“ genannt) ist bereits seit 1978 ein Ort für unkommerzielle Kultur, für alternatives Leben und für linke Politik. Die dort gesammelten Erfahrungen mit Selbstorganisation, mit basisdemokratischen Strukturen und das über die Jahre gewachsene Vertrauen zwischen den Walli-Aktiven sind die entscheidende Grundlage dafür, dass die praktische Solidarität mit den Geflüchteten im Transit innerhalb kürzester Zeit organisiert und bis heute durchgehalten werden konnte – ganz ohne Hauptamtliche und ohne Anweisungen „von oben“. Diese Walli-Kultur ist auch die Grundlage dafür, dass neue Aktive – mit und ohne deutschem Pass – sofort einsteigen und Teil des gemeinsamen Projekts werden können.
Als die Temperaturen kälter wurden und immer mehr Menschen unsere Unterstützung brauchten, entstand der Bedarf nach einer räumlichen Erweiterung. Durch beharrliche Verhandlungen und eine symbolische Besetzungsaktion haben wir schließlich von der Stadt die Gebäude erhalten, in denen jetzt das Solidaritätszentrum entstanden ist. Dies wäre nicht möglich gewesen ohne ganz viel freiwillige Arbeit, auch von reisenden Handwerksgesell_innen und von solidarischen Lübecker Betrieben.
Das Solidaritätszentrum ist entstanden als eine Einrichtung für die Geflüchteten im Transit – und es soll viel mehr werden als das. Viele Menschen aus vielen Ländern leben jetzt neu in Lübeck, sie wollen ankommen und sich orientieren. Oft machen es ihnen bürokratische Strukturen und knappe Mittel nicht leicht, ein selbstbestimmtes Leben aufzubauen. Das Solidaritätszentrum soll auch ein Haus für diese neuen Lübecker_innen sein, in dem Begegnung, Austausch und die Vertretung der eigenen Interessen möglich wird.
Das Solidaritätszentrum versteht sich als:
- Ein offenes Haus für alle Geflüchteten im Transit, die hier Unterstützung, Versorgung und Unterkunft finden
- Eine Einladung an alle Geflüchteten und Migrant_innen, die neu nach Lübeck gekommen sind, sich hier zu treffen, auszutauschen und das Solidaritätszentrum aktiv mitzugestalten
- Ein Ort der Begegnung für alle Lübecker_innen mit und ohne deutschem Pass, mit und ohne Migrationshintergrund, gerade Angekommenen mit solchen, die schon lange hier leben.
- Ein Angebot, hier selbst organisiert Werkstätten und Projekte, Sprachkurse und Informationsveranstaltunge
n, Musik und Kultur zu starten. - Ein aktives Zentrum, von dem Impulse und Aktionen ausgehen für eine Welt ohne Grenzen, für globale Solidarität und für eine Gesellschaft, in der alle die gleichen Rechte haben.
Das Solidaritätszentrum ist Teil des unabhängigen Jugend- und Kulturzentrums alternative („Walli“) und teilt dessen Grundsätze:
- Alle Aktivitäten in unserem Haus sind unkommerziell und ehrenamtlich. Wir wollen keinen kommerziellen Gewinn erzielen. Einnahmen durch den Verkauf von Essen und Getränken oder durch Eintrittsgelder dienen allein der Finanzierung der Projekte, dem Erhalt des Hauses oder einem gemeinsam festgelegten guten Zweck. Das Engagement in unserem Haus wird grundsätzlich nicht entlohnt.
- Wir verwalten uns selbst und treffen alle Entscheidungen gemeinsam in offenen Plena, zu denen alle Aktiven und Nutzer_innen des Hauses eingeladen sind. Auf diesen Plena zählt jede Stimme gleich viel und wir bemühen uns darum, im Konsens Lösungen zu finden, die von allen getragen oder zumindest akzeptieret werden können. Die einzelnen Kollektive und Arbeitsgruppen regeln auf dieser Grundlage ihre Angelegenheiten autonom.
- Die alternative – und damit auch das Solidaritätszentrum – vertritt einen klaren antirassistischen, antifaschistischen und antisexistischen Standpunkt. Wir tolerieren auf unserem Gelände keine diskriminierenden Äußerungen oder Handlungen – weder aufgrund von Hautfarbe, Herkunft, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder Alter. Wir wollen gewaltfrei miteinander kommunizieren und bieten Betroffenen von Diskriminierungen oder Übergriffen parteilichen Schutz und Unterstützung.